Thomas in Estland

Nach Auslandssemester und Masterarbeit in Tartu - jetzt das richtige Leben in Tallinn

Samstag, Mai 27, 2006

Deutschland ist (Erasmus-)Weltmeister

Heute haben die deutschen Studenten ein Fußballturnier veranstaltet. Wer auch sonst, außer den Deutschen??
Teilgenommen haben insgesamt sechs Mannschaften. Deutschland, Finnland, Italien/Spanien, The Girls Team (mit Sondergenehmigung...die durften bis zu zehn Spieler auf dem Platz haben, alle anderen nur sechs), Erasmus International Selecao und das GUS-Team.
Im Halbfinale setzten sich Deutschland gegen Erasmus-Team und Italien/Spanien gegen Finnland durch. Im zunächst heiß umkäpften Finale gewannen wir dann aber doch souverän mit 5:1.
Unsere Bilanz: 4-0 Spiele, 21-1 Tore, keine Verletzungen außer einem dicken Ei auf meinem Schienbein, dass ich mir beim Gerangel mit dem Erasmus-Tormann geholt hab und außer einigen Schürfwunden wegen des Kunstrasens.
Ich hab zwei Tore davon geschossen, yeah! :-)

Hier ein Mannschaftbild:



Hoffen wir mal stark, dass es bei der WM in unserem Lande ebenso ausgeht. Naja, bestimmt nicht...da schafft es Italien nicht ins Finale, und Spaninen fliegen sowieso im Viertelfinale raus :-)

Dienstag, Mai 23, 2006

Russland!

Vergangene Woche waren wir in Russland, eine unglaubliche Reise! Mittwoch morgen um 6 Uhr (!) gings los, wir waren 27 Studenten und ein paar Amis, die einen Study Trip durch halb Europa machen. Sehr lustige Gesellen, der eine hat direkt mal Fotos gemacht, als wir auf der russischen Seite der Grenze angekommen waren. Einer der vielen böse dreinschauenden russischen Grenzpolizisten zwang ihn, die Bilder sofort wieder zu löschen ... also klasse, wir sind sofort mal negativ aufgefallen :-)

Die erste Station unserer Reise war dann Petseri, eine Riesenklosteranlage mit einer Menge Kirchen (davon haben wir echt verdammt verdammt viele gesehen in diesen Tagen). Wir waren in einem unterirdischen Ganggewusel ohne Licht unterwegs, nur mit Kerzen ausgestattet und einer ollen russischen Nonne, die pausenlos auf russisch gequatscht hat. Die war mindestens 90 Jahre alt, wir hatten ernsthaft Bedenken, dass die plötzlich zusammenklappt und wir dann da unten allein sind und keine Ahnung haben wie wir wieder herauskommen.

Dann gings weiter nach Pskov (versucht mal, das auszusprechen...gar nicht so einfach), 200.000 Einwohner in einer hässlichen, offensichtlich armen unterentwickelten Stadt. Das einzig hübsche Gebäude war die Kirche im örtlichen Kreml. Den Kreml gibts nämlich nicht nur in Moskau, sondern in jeder älteren großen russischen Stadt; es ist quasi das Herz der Stadt, meistens wie eine Festung aufgebaut, und immer eine Kirche oder auch 2 drin. Und sehr lustig: in dem Restaurant, wo für uns reserviert war mittags, wartete ein Kamerateam des lokalen Senders, um uns für eine Bericht über den (quasi nicht existentierenden) Tourismus in Pskov zu missbrauchen. Davon erfuhren wir genau 2 Minuten bevor wir ausstiegen, war auch nett. Dafür haben wir denen ehrlich und klar gesagt, was wir von Pskov und Russland bis jetzt gesehen haben und wie wir es finden. Ich hätte den bericht zu gerne gesehen, jede Wette, dass die nur die guten Sachen rausgefischt haben. "Zufällig" war am selben Abend eine Konferenz in der Stadt, bei der um Tourismus ging. Aber war uns dann auch alles egal, das Essen war annehmbar und die Bedienungen hübsch.

Dann gings auch schon weiter nach Nowgorod, Die Große. Schönes Städtchen, zwar mit nur unwesentlich mehr Einwohnern als Pskov, aber deutlich weiter entwickelt. Und Kirchen mit Wiedererkennungswert. Sogar einen Strand hatten sie da an ihrem Fluss, ich frage mich wer so wahnsinnig ist und rein schwimmen geht. Hier haben wir dann auch die ersten Erfahrungen mit einer russischen Bar gemacht: es war quasi ein Zelt draußen, bitterkalt, blaues Licht...sonst nix. Und Bier konnte man draußen umme Ecke an einem Stand kriegen. Wir wurden sogar bedient, weil wir wohl so viele waren. Am nächsten Morgen gabs dann gleich die nächste Begegnung mit der russischen Service-Mentatlität: Ich wollte eine Schokolade kaufen im Magasin (Tante-Emma-Laden), aber ich wurde partout nicht bedient. Da waren 5 Verkäuferinnen in meiner Nähe, eine tat so als würde sie nix hören, die andre hat sich hinterm Regal versteckt, für die nächste war der Weg zu weit...unglaublich! In Deutschland wär ich wieder rausgegangen aus dem Laden. Aber der andere Thomas hat gemeint, so sei das halt im Osten. Er ist ja auch ein oller Ossi, er muss es wissen. Naja, die Schoki gabs dann zum Glück doch noch irgendwann.

Unsere Reise ging weiter, hin zum Höhepunkt. St. Petersburg! Nach langem Gewackele auf den verdammt schlechten Straßen (jaha, noch viel schlechter als in Estland) kamen wir durch die Außenbezirke rein. Dort sah es gewohnt ärmlich und verfallen aus, aber je näher wir dem Stadtzentrum kamen, umso westlicher wurde es. Spannend war auch der Kreisel, der an sich den Verkehrsfluss verbessern soll: Es gab prinzipiell 3 Spuren, de Russen machen dadraus locker 5. Und ein Gehupe dauernd, und die Autos standen so knapp aneinander, und wer zuerst losfuhr, hatte halt Vorfahrt. Wahnsinn! Eine tiefe Verbeugung vor unserem Fahrer, der den dicken Bus da durchgewurschtelt hat.
Die Innenstadt ist dann westlicher als alles andere, was ich bis jetzt gesehen habe. Leuchtreklamen überall, Werbebanner, die ganze Hauswände füllen, Coca-Cola und McDonalds an jeder Ecke, Verkehr ohne Ende, Krach, Lärm ... hach, was fühle ich mich wohl in Tartu und in Koblenz, in diesen kleinen Provinzstädtchen.
Das Hotel war prima, mit Aussicht auf den Fluss, brauchbarem Frühstück und schönen Zimmern mit rundumherum-Balkon. Am ersten Abend waren wir direkt mal typisch russisch ... Sushi essen :-)
Dann am nächsten Tag Extrem-Sightseeing, holla! Das Wetter war leider Sch****, aber wir waren meistens drin. Vor allem die Eremitage...WOAH! Ein Riiiiesenkunstmuseum, über 1000 nicht eben kleine Räume mit nicht zählbaren Ausstellungsstücken. Einer meinte, dass man 9 Jahre in dem Museum verbringen würde, wenn man sich jedes Ausstellungsstück für nur 1 Minute anschaut. Ich habe unheimlich viele tolle Bilder von Malern gesehen, von denen ich im Leben nix gehört habe. Und soviel Prunk und Protz dort. Und jetzt kommt das Beste: Zar Peter der I. (auch der Große) ließ sich dieses Ding als Winterpalast bauen. Stellt euch nur mal den Sommerpalast vor! Wir waren in einer der Sommerresidenzen. Ey, allein der Garten ist größer als ganz Ellenz! Mir gehen die Superlative aus, um zu beschreiben, wie fast schon ekelhaft reich die Zaren waren, und wie sie die Leute ausgebeutet haben, nur um ein Riesenschloss zu haben. Klar, das war (und ist teilweise) überall auf der Welt so, aber da war es echt noch übler.
Ach, und das Bernsteinzimmer habe ich gesehen. Das ist gar nicht mal sooo super interessant, halt paar bunte Steinchen an der Wand, aber auch nicht beeindruckender als alles andere dort. Weiß gar nicht, warum der Hitler sich damals son Kopp darum gemacht hat.

Das auf jeden Fall mit Abstand witzigste Ereignis aber war unser Versuch, einen guten russischen Nachtclub zu finden. Logischerweise unwissend, führten wir eine Umfrage auf offener Straße durch. Eine Russin hat uns besonders beeindruckt mit ihrer Beschreibung eines Clubs, den sie "Manichanje" nannte (in russisch sieht das in etwa so aus: МАНИХАНе). Nach eben einer dem ähnlichen Zeichenfolge haben wir bestimmt knapp eine Stunde gesucht, wobei die Beschreibung der netten Dame sehr eindeutig war: nächste links und dann in der Straße, könnt ihr gar nicht verfehlen, riesengroßes Zeichen über der Straße. Naja, wir fanden es nicht, aber etliche Leute sagten uns "Klar, Manichanje, geht ihr hier zurück und dann seht ihr direkt da an der Seite". Nachdem wir 3mal die Straße rauf und runter gelaufen waren und uns schon selbst für blöd erklärt hatten (wir hatten schon gehofft, dass Manichanje sowas wie Revolution heißt...so der Name eines der Clubs, die wir gesehen haben), kam uns schließlich die Erleuchtung, als wir unter einem Schild langliefen, auf dem in fetten blinkenden lateinischen (nicht etwa kyrillischen) Lettern "Money Honey" stand. Gott, was haben wir uns totgelacht. Ich muss jetzt noch grinsen, wenn ich daran denke. Wahrscheinlich ist es eine dieser typischen Fälle von Situationskomik, aber hoffentlich könnt ihr so ein bisschen nachvollziehen, wie es uns erging. Wir, die wir voll stolz waren, kyrillische Schriftzeichen lesen zu können, haben nicht gerafft, dass die Russen so ihre Probleme mit dem lateinischen Buchstaben "H" haben, folglich immer "ch" sagen.
Wie auch immer, der Club war so mittelgut, aber sie haben guten Wodka in 50ml-Portionen ausgeschenkt, also wars okay. Schließlich sind wir mit einem Taxi heim, mit 5 Leuten hinten drin und ich vorne :-D . Der Taxifahrer hat uns schön verarscht und locker 800 Rubel abgezogen (ca. 25 Euro). Aber wir waren in einer ganz klar unterlegenen Position: Wir konnten nicht wirklich gut auf russisch verhandeln.

Die Rückfahrt nach Tartu am Tag danach war für uns Helden entsprechend verschlafen, aber in Russland gibts landschaftlich eh nix zu sehen. Aber ich habe viel gelernt in den 4 Tagen, vor allem, dass meine Vorurteile gegenüber Russland fast alle zutreffen. Und ich kann die Schrift lesen, wenn auch nicht wirklich die Sprache verstehen geschweige denn sprechen. Aber hier nur die wichtigsten Wörter als Crashkurs:
- Ja = Da = да
- Nein = Njet = нет
- Hallo = Privejet = привет
- Wodka = Vodga = водка
- Wie geht's? = Kak dejela? = как дела

Das muss reichen, um dort zurecht zu kommen :-)

Hier noch ein paar Bilder:








Montag, Mai 08, 2006

Student Days olé

Mensch, hier weiß man wie gefeiert wird. Wenn ich es bis jetzt zwar schon wusste, die letzte Aprilwoche hat alles bisher da gewesene in den Schatten gestellt. Die Tartu Student Days waren voller unglaublich lustiger und interessanter Veranstaltungen (seht die Bilder rechts). Es gab Mud Wrestling mit 99% männlichem Publikum (ach) und einen Red-Bull-Wettbewerb, bei dem man irgendwas bauen soll, was fliegt, und sich von einer Planke in den Flus stürzt. Sieger wurde der Teilnehmer mit der größten Weite in Verbindung mit der besten B-Note für Haltung und originelles Fluggerät. Wir haben uns schepp gelacht, die Esten haben sie echt nicht alle.

Außerdem wurde die Walpurgisnacht (zu estnisch: Volber) in den ganzen Häusern der Studentenverbindungen sehr enthusiastisch gefeiert; mit den richtigen Connections ;-) kam ich überall rein und habe diese daheim doch eher mit skeptischen Blicken bedachten Vereinigungen mal von innen kennen gelernt. Bisschen seltsam wars schon, sie ließen nur Leute aus anderen Verbindungen rein, ohne Anzug ging gar nix, manche haben einem auch den Weg mit dem Degen versperrt. Und die hierarchische Unterordnung ist auch sehr ausgeprägt. Wär ja nix für mich...aber feiern, dass können sie! Ich bin morgens um 8 erst heim gegangen, nachdem ich noch eine leckere Guten-Morgen-Seljanka zu mir genommen hatte. Lange her, dass die Sonne schon so hoch am Himmel stand, als ich heim bin.


Weiterhin fand im Rahmen der Student Days auch das Global Village statt. Hier sollten alle Austauschstudenten einen Stand für ihr Land aufbauen und dort Infos, Essen, Spiele und Unterhaltung zwecks kulturellem Austausch anbieten.
Wir Deutschen hatten natürlich tief in die Trickkiste gegriffen und eine Torwand organisiert (mussten die durch die halbe Stadt schleifen, aber das wars wert). Wenn unser Stand auch nicht der bunteste war, er war auf jeden Fall der lauteste :-) Das Torwandschießen hat ein Italiener gewonnen, Mist! Glückwunsch, Marco!
Sehr beeindruckend auch der Stand unseres Nachbarn Holland...sie waren zumindest die optisch Auffälligsten.


Und auch ganz groß: Der russische Ball! Nach wochenlangem Training zuvor waren wir alle hochmotiviert, unsere Künste auf dem parkett darzubieten. Der Ball an sich war schon Klasse, es gab Tanzwettkämpfe, russische Volkstänze, Polonaise, billigen Sekt und noch billigeres Bier (Terviseks). An dieser Stelle vielen Dank an unsere Tanzlehrerin Judit, und großen Respekt für ihre Geduld! Das sehenswerte Ergebnis seht ihr auf dem Bild: Liset und ich haben die Tanzfläche gerockt!
Wir sahen alle absolut klasse aus, schön aufgebrezelt alle. Danach sind wir noch in den fanciest Club der Stadt gegangen (Illusion) und haben da mit unseren Klamotten angegeben. Ganz großer Sport.


Hachja, und der erste Abschied stand heute an, unsere geschätzte Tanzlehrerin Judit ist heim nach Rumänien. Unser Abschiedsgeschenk bestand aus einem...ja, was ist es? Schaut euch das Bild an und sagt selbst. Wir haben ihn Mukdubele op de Bongo getauft; natürlich hatte Judit keinen Platz mehr im Koffer, also muss sie mit dem Ding im Flugzeug sitzen *g*. Ich würd gern das Gesicht ihrer Verwandten sehen, wenn sie am Flughafen mit dem Vieh ankommt.


Unitechnisch hält sich der Stress inzwischen in Grenzen; es verbleiben ein Vortrag, ein Essay und eine Klausur. Der erste Heimflug ist gebucht für den 14.06., direkt nach dem Metallica-Konzert in Tallinn am 13.06. Evtl. fliege ich zum Mittsommerfest noch einmal her (24.06.), aber ab dem 26. bin ich endgültig wieder daheim. Soweit die Planung...