Thomas in Estland

Nach Auslandssemester und Masterarbeit in Tartu - jetzt das richtige Leben in Tallinn

Sonntag, April 26, 2009

Urlaub in Rumänien

Tach zusammen! Es gibt so einiges Neues zu berichten. Zunächst mal ist Ele wieder da, ihr Auslandssemester in Konstanz ist zu Ende und mit einem lachenden und einem weinenden Auge ist sie in ihre Heimat zurückgekehrt. Bei mir warens dann eher zwei lachende Augen. Gerade schreibt sie fleißig an ihrer Bachelor-Arbeit.

Mit Estland gehts weiter den Bach runter, Leute werden allenthalben entlassen, man hört und liest nur Negatives. Auch in meiner Firma hats Sparmaßnahmen und Kürzungen gegeben, aber zumindest hab ich meinen Job noch, also beklag ich mich mal nicht.
In diesen schwierigen Zeiten verbeißt sich die derzeitige estnische Regierung in dem Ziel, unbedingt die Euro-Einführung zu bewältigen, ganz so als wäre der Euro der Heilsbringer, der alle Probleme einfach wegstandardisiert. Gleichzeitig spricht man von nötigen Veränderungen bei den Steuern (= Erhöhung von Steuern) um den Staatshaushalt auszugleichen. Mir ist leider nicht so ganz klar, wie Steuererhöhungen die Wirtschaft ankurbeln sollen. Naja, wenns uns hier zu bunt wird dann kommen Ele und ich halt nach Deutschland.

Um dann aber noch mehr Positives zu erzählen: Ich hatte eine Woche Urlaub, die ich größtenteils in Rumänien und kurz auch zu Hause in Ellenz verbracht habe.
Wenn ihr jetzt denkt: "Rumänien?! Was macht der denn da?", hier die Erklärung: Bei den Leuten aus aller Welt, die ich in meinem Auslandssemester in Tartu vor drei Jahren kennengelernt hatte, sind auch ein paar Rumäninnen. Eben diese haben uns dieses Jahr zu sich eingeladen. Angereist waren außer mir noch Liset und Paul aus Holland, Oli ausm Schwabenland und Heidi aus Finnland. Es folgt ein kurzer Reisebericht mit Bildern.

Mein Reiseverlauf war wie folgt:
Tallinn->Riga->Düsseldorf->Dortmund->Cluj/Klausenburg->Sibiu/Hermannstadt->Ranca->Bukarest->Dortmund->Ellenz->Riga->Tallinn. Da ich alles mit Billigfliegern bewältigt habe ging es sogar einigermaßen billig, dafür halt nicht bequem. Aber was solls - Geiz ist geil!

Nun denn, meine Rumänienreise begann in Cluj-Napoca, eine von Sachsen gegründete Stadt in Siebenbürgen (besser bekannt unter dem Namen "Transsilvanien"). Wahnsinn, wo sich die Deutschen überall breitgemacht haben, echt. Nachdem mich also meine Billig-Fluggesellschaft Wizzair, welche ich hiermit ausdrücklich NICHT weiterempfehle, am modernen Ankunftsterminal abgesetzt hatte, machte ich mich auf den Weg in die Innenstadt. Was ich sah beeindruckte mich sofort: Absolutes Chaos auf den Straßen! Als Autofahrer muss man ständig improvisieren, und es gilt grundsätzlich die Regel: Wer sich mehr traut, fährt zuerst. Dabei muss man nicht nur auf andere Autos achten, sondern auch auf die überall frei herumlaufenden Hunde, auf offenbar selbstmordgefährdete Fußgänger, und nicht zuletzt auf die manchmal abenteuerlich zusammengebauten Esel- und Pferdekarren.
Cluj-Napoca selbst ist ein Traum, wie ich fand. Ein stark mediterranes Flair, billiges Essen&Trinken (ca. 1 Euro für ein großes Bier) , sehr nette Menschen - was mill man als Urlauber mehr? Ich schlief mit Paul in einem Hostel, das für 15 Euro alles bot, was man sich nur wünschen kann. Hier ein paar Bilder:

Ein Platz mit einer wichtigen Statue


Blick über die Stadt. Das Gras war da schon deutlich grüner als zur gleichen Zeit in Estland :-)


Ein gewöhnliches Bild in Cluj - Wann immer man eine rumänische Flagge sah, war meist eine EU-Flagge daneben


Totales Kabelchaos. Irgendwie werden in Cluj die Kabel nicht unterirdisch verlegt, was zu solch haarsträubenden Konstruktionen führt.



Am nächsten Tag ging es bereits weiter nach Sibiu, von den Sachsen damals Hermannstadt getauft. Die Stadt war 2007 europäische Kulturhauptstadt, was man an der wunderschön wiederhergestellten Innenstadt sehen konnte, in die sicher auch Eure Steuergelder geflossen sind. Wir nächtigten in einer Pension, wo uns die Übernachtung gerade mal 15 Euro / Person kostete, und es war auf Hotel-Niveau! Wen es mal nach Sibiu verschlägt: http://www.casavechesibiu.ro/
Abends haben wir erstmal gut gegessen. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben Hirn probiert. Also Schweinekotlett mit Hirn gefüllt. Es war ... interessant. Fragt mich nicht, wie ich auf die Idee kam. Jedenfalls hat es ziemlich gut geschmeckt, wenn auch die Konsistenz ziemlich eklig war. Hätte ich nicht gewusst, was ich da esse, dann hätte ich mir wohl nix bei gedacht.

Dann haben wir als große Reisegruppe noch den Besitzer eines Cafés glücklich gemacht, indem wir dort unheimlich viel tranken. Und zuletzt hat es uns in eine Bar namens "Oldies" verschlagen, wo wir den Rest Nacht tanzten und tranken und verrückte Bilder machten. Auch von Sibiu ein paar schöne Aufnahmen:

Einfach nur schön wars in Sibiu


Das waren wir fünf Rumänien-Touristen


Schon von Sibiu aus konnte man die Karpaten sehen. Und genau da wollten wir hinauf.


Am nächsten Tag ging es nach nötigem Katerfrühstück weiter zum Höhepunkt (wörtlich zu nehmen) unseres Aufenthalts: Ranca. Ein Ort in den Karpaten, auf 1700m wenn ich mich recht erinnere. Die Firma des Vaters von einer unserer Gastgeberinnen hat dort ein hübsches Häuschen, welches wir übers Wochenende nutzen durften. Wir genossen ein üppiges Ostermahl (orthodoxe Ostern waren eine Woche nach unserem Osterfest), wanderten herum, hatten eine Schneeballschlacht und im Allgemeinen einfach nur Spaß.

Wir haben bis Sonnenaufgang gewartet, und es hat sich gelohnt!


Da wuchs nicht viel oben in den Bergen, aber der Frühling bahnt sich seinen Weg.


Noch spannender als der Aufenthalt in Ranca war die Fahrt dorthin. Zunächst mal mussten wir an den Fuß des Berges gelangen, den es dann hinaufging. Diese Fahrt war einfach nur wahnwitzig. An dieser Stelle eine Warnung an alle, die erwägen in Rumänien Urlaub zu machen: Die fahren als gäbe es kein Morgen! Da wird an Stellen überholt, wo ich es nicht für möglich gehalten hätte. Wenn die zugelassene Höchstgeschwindigkeit 40 ist, dann wird halt 140 gefahren. Wie das geht? Mit Hilfe eines tollen Radar-Warngeräts, das man sich unter die Frontscheibe pappt. Sobald ein Blitzer oder eine Polizeikontrolle mit Radar kommt, fängt das Gerät wie wild an zu piepen, und man fährt eben kurz etwas langsamer. Und das Beste: Diese Dinger sind in Rumänien erlaubt! Daher kann man auch durch Ortschaften mit 150 rasen. Die Menschen, die auf den an sich nicht vorhandenen Bürgersteigen laufen, kümmert das alles recht wenig. Und wenn einer der ungefähr 5 Millionen frei herumlaufenden Hunde Rumäniens vors Auto springt, dann wird kräftig gehupt und geflucht, bis der Hund abhaut - gebremst wird allerdings nicht.
Ich hab die Höllentour überlebt, indem ich angestrengt aus dem Seitenfenster schauend die Landschaft bewundert habe. Die ist wirklich sehenswert, jedenfalls in dem Teil Rumäniens, in dem wir unterwegs waren. Es sieht manchmal so ein bisschen aus wie in der Toskana, mit sanften tiefgrünen Hügeln und hellen Häusern mit roten Dächern. Und Wein wird dort auch angebaut. Und das Panorama auf dem Bild unten hat mich ein bisschen an zuhause erinnert. Kurz gesagt: Es ist einfach nur schön!



Letzte Station meiner Reise war dann die Hauptstadt, Bukarest. Hier hatte ich nicht wirklich viel Zeit, bin also nur ziellos mit Heidi durch die Straßen gelaufen. Was wir gesehen haben war nicht wirklich einladend. Vielleicht habe ich auch einfach nicht die richtigen Ecken gesehen, aber ich war milde gesagt enttäuscht von der Stadt und ihrem Charakter. Ein paar Bilder hab ich dann doch noch gemacht:

Die allgegenwärtigen Hunde, auch in der Hauptstadt.


Ein beachtliches Loch in der Straße. Da kann man sich das Auto schön dran kaputt machen. Umso fragwürdiger die eher unauffällige Warnung durch ein Fähnchen, das HINTER dem Loch stand.


Anschließend habe ich noch zwei Nächte daheim verbracht, bevor ich mich auf den Rückweg nach Estland gemacht habe. Alles in allem ein sehr ereignisreicher Kurzurlaub.
Und jetzt freue ich mich auch schon auf den nächsten Besuch: Lars und Stefan kommen Anfang Mai nach Tallinn.

Viele Grüße aus dem endlich auch frühlingshaften Tallinn!
Thomas